Mediator: Mediation kann sich oftmals lohnen

Wenn Konflikte am Arbeitsplatz vor Gericht enden, wird die Klärung des Streits oft langwierig und teuer. Eine Mediatorin / ein Mediator kann meist schneller helfen – unter den richtigen Voraussetzungen.

Mediator: Artikel erschienen in die Welt, von Harald Czycholl

MediatorDer Betriebsleiter hatte schon länger den Eindruck, dass etwas nicht stimmte: Ein langjähriger Mitarbeiter wirkte von Tag zu Tag unzufriedener. Als Zeichen seiner Wertschätzung übertrug er seinem Angestellten daher einige umfangreiche Arbeitsaufträge, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein sollten.

Um ihm zeitlich mehr Luft zu schaffen, befreite er ihn zugleich von der Teilnahme an den regelmäßigen Teammeetings und der Mitarbeit an anderen Projekten.

Trotz dieser Unterstützung zog sich der Mitarbeiter immer mehr zurück, worunter auch seine Arbeitsleistung litt. Der Betriebsleiter unterbreitete ihm mehrere Gesprächsangebote – doch die Situation blieb unverändert, so dass der Vorgesetzte nun sogar eine Kündigung in Betracht zog.

Mediator: Wertvoller Mitarbeiter konnte bleiben

Als der Betriebsleiter bei uns anrief, um mit einem Anwalt über die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung zu sprechen, haben wir ihm zu einer Mediation bei einer Mediatorin / bei einem Mediator geraten“, sagt Christine Lewetz, Juristin bei der D.A.S.-Rechtsschutzversicherung. „Denn eigentlich wollte er seinen Mitarbeiter gar nicht verlieren, er sah nur keinen Ausweg aus der Situation.“

In dem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren stellte sich dann heraus, dass sich der Mitarbeiter gemobbt fühlte, weil er nicht mehr zu den Besprechungen und zur Mitarbeit an anderen Projekten eingeladen wurde.

Der Chef erklärte ihm, dass er ihn lediglich entlasten wollte, damit er seine Arbeit termingerecht abschließen kann. Das Ergebnis: Der Betriebsleiter konnte einen geschätzten Mitarbeiter behalten – und dieser wiederum war froh um die Unterstützung seines Vorgesetzten.

Jedes Jahr beschäftigen im Schnitt eine halbe Million Klagen die deutschen Arbeitsgerichte. Dabei gäbe es mit der Mediation – also der Einschaltung einer neutralen Mediatorin / eines neutralen Mediator, der die Konfliktparteien an einen Tisch bringt – für viele arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen eine Alternative.

Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, einen Streit außergerichtlich, schnell und vor allem einvernehmlich zu lösen. Denn bei Streitigkeiten im Unternehmen ist es zum einen das Ziel, auch zukünftig zusammenarbeiten zu können. Zum anderen muss es schnell gehen.

Denn wenn Unternehmen mit Kunden oder Lieferanten im Streit liegen, Mitarbeiter sich bis aufs Messer befehden oder die Gesellschafter einer Firma in scheinbar unlösbare Konflikte verstrickt sind, leidet nicht nur die Stimmung, sondern in der Regel auch das Geschäftsergebnis“, weiß Sosan Azad, Vorstand des Bundesverbandes Mediation.

Ungelöste Konflikte innerhalb des Unternehmens führen bei Mitarbeitern häufig zu Resignation, innerer Kündigung oder gar offener Auflehnung. Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen können darüber hinaus zu unbefriedigenden Geschäften oder zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen führen.

Konflikte belasten die Konzernbilanzen

„Schwerwiegende Konflikte hemmen Unternehmen und senken die Produktivität, Innovationsfähigkeit und Flexibilität“, zählt Expertin Azad auf. „Dadurch kommen sie Unternehmen teuer zu stehen.“

Bei einer Umfrage der Wirtschaftskammer Wien unter 15 mittelständischen Unternehmen aus Österreich kam zum Beispiel heraus, dass unternehmensinterne Konflikte 19 Prozent der Personalkosten ausmachen – das entspricht Kosten von 634 Euro pro Monat und Mitarbeiter.

Das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Mediationsgesetz liefert für alle Beteiligten die rechtliche Grundlage. Das Gesetz stärkt die außergerichtliche Konfliktlösung unter anderem dadurch, dass es die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens durch die Pflicht der Mediatoren zur Verschwiegenheit schützt. Auch für die Mediatoren selbst gelten nun gesetzliche Mindestanforderungen.

Die Einschaltung eines unabhängigen Schlichters ist besonders bei langfristigen Beziehungen zwischen den Konfliktparteien sowie Termin- und Kostendruck bei der Klärung des Streits das Mittel der Wahl. „Ebenfalls bewährt hat sich die Mediation als Alternative zu Gerichtsverfahren, deren Kosten- und Prozessrisiko schwer prognostiziert werden kann“, so D.A.S.-Rechtsexpertin Lewetz.

Auch eine hohe Komplexität der Streitmaterie oder grenzüberschreitende Konflikte lassen sich durch Gespräche, die von einem erfahrenen Mediator begleitet werden, oftmals besser lösen als durch ein Gerichtsurteil. Zumal bei Konflikten im Unternehmen nicht unbedingt ein Urteil erforderlich ist, sondern eine Lösung, mit der alle Beteiligten leben können.

Mediator langfristig einbinden

Viele Firmen gehen sogar einen Schritt weiter und machen Mediation zum Teil ihrer Unternehmenskultur: Sie beziehen diese Art der Konfliktlösung nicht nur auf eine einzelne, konkrete Auseinandersetzung, sondern begreifen sie als Chance, die Kommunikation im Unternehmen zu verbessern und eine eigene Streitkultur zu entwickeln.

Dazu wird oftmals ein eigener Mediator angestellt oder es wird eine langfristige Partnerschaft mit externen Mediatoren eingegangen. Diese professionellen Streitschlichter können auch Keimzelle eines Konfliktmanagementsystems im Unternehmen werden.

Es hat Vorteile, wenn die Mediatoren auf lange Sicht eingebunden sind: „Die Mediatoren besitzen zusätzlich zu ihrer Mediationskompetenz auch sogenannte Feldkompetenz“, erläutert Mediationsexpertin Azad. „Das heißt, dass sie sich im Unternehmen so sicher bewegen können, dass die Parteien Vertrauen aufbauen und ein geschützter Raum entstehen kann.“

Martin Weiss, Teamentwicklung, Coaching, Konfliktklärung – Zürich

Webseiten: www.konfliktklärer.ch – www.weiss-entwicklung.ch