Klärungshilfe am Arbeitsplatz
Klärungshilfe am Arbeitsplatz: Artikel verfasst durch Barbara Krämer und publiziert auf interviewonline.de
Warum Konflikte dazu gehören und wie sie verschwinden
Wer kennt es nicht: Im Büro herrscht mal wieder dicke Luft, man redet aneinander vorbei, macht sich gegenseitig das Leben schwer. Streitigkeiten gehören zum Arbeitsalltag, lassen sich nicht vermeiden und entstehen oftmals ganz von selbst, denn: ungleiche Charaktere, Arbeitsweisen und Interessen treffen aufeinander. Dies hat zur Folge, dass innerbetriebliche Konflikte sowohl privat als auch beruflich zu großem Stress führen. Denn wer sich innerlich mit schwierigen Gefühlen wie Hass, Wut, Ärger und Neid beschäftigt, hat es schwer, sich voll und ganz auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Doch was kann Abhilfe schaffen? Ein Gespräch über die bestehenden Spannungen zu führen stellt immer eine große Herausforderung für die betroffenen Parteien dar – im privaten ebenso wie im beruflichen Kontext. Doch das ist meistens das einzig sinnvolle. Die Klärungshilfe setzt genau an dieser Stelle an. Sie hilft dabei, solche Situationen aufzulösen und bietet Perspektiven für ein respektvolles Miteinander.
Klärungshilfe am Arbeitsplatz: Konflikte sind keine Lappalie
Dass Konflikte in Unternehmen und Wirtschaft zur Tagesordnung gehören, gibt niemand gerne zu. Viel zu oft herrscht das Vorurteil „Wer sein Team nicht unter Kontrolle hat und sich Hilfe holen muss, hat als Führungskraft versagt“. Obwohl viele Führungskräfte wissen, dass es oftmals am sinnvollsten ist, sich fachkundige Unterstützung von außen zu holen, um bestehende Konflikte zu klären, ist es für die meisten nur der letzte Ausweg oder steht gar nicht erst zur Debatte. Lieber wird ein kurzes Machtwort gesprochen oder der Konflikt gar ignoriert. Zur Lösung der Spannungen trägt dieses Verhalten nicht bei. Ganz im Gegenteil: Sie flackern bei der kleinsten Gelegenheit neu auf – und das meistens schlimmer als zuvor. Werden solche Konflikte nicht gelöst, eskalieren oder verhärten sie. In jedem Fall belasten sie das Arbeitsklima und kosten das Unternehmen früher oder später Geld. Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Frau Schmidt und Herr Müller reden nicht mehr miteinander. Lediglich ein knappes „Morgen“ zum täglichen Arbeitsbeginn kriegen beide noch heraus, dann herrscht Funkstille bis zum Feierabend. Was ist passiert? Als Frau Schmidt vor etwa 12 Monaten anfing, in der Unternehmensberatung zu arbeiten, hatte Herr Müller dort schon mehrere erfolgreiche Jahre hinter sich. Er war sich sicher aufgrund seiner Erfahrungen und Leistungen kurz vor einem Karrieresprung zu stehen. Doch dann wurde Frau Schmidt eingestellt und sofort zur Bereichsleiterin befördert. Herr Müller war verärgert, widersetzte sich ihren Anweisungen und machte kein Hehl daraus, dass er die neue Mitarbeiterin für inkompetent hielt. Daraufhin schaltete Frau Schmidt den Vorgesetzten ein. Dieser zog es allerdings vor, sich rauszuhalten. Nun ist Herr Müller immer häufiger „krank“, wenn Meetings unter der Leitung von Frau Schmidt anstehen. Frau Schmidt andererseits ist zunehmend angespannt und gereizt, während die Geschäftsleitung tatenlos zuschaut.
In diesem Beispiel sind beide Parteien nicht mehr in der Lage den Konflikt selbst zu lösen. Er belastet die Zusammenarbeit und wirkt sich auf die Produktivität der Arbeit aus. Hilfreich wäre an diesem Punkt die Unterstützung einer neutralen Person, beispielsweise der Vorgesetzte. Allerdings stoßen viele Führungskräfte beim Thema Konflikte schnell an ihre Kompetenzgrenzen. Sie wissen dann nicht genau, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Das hat nichts mit fachlicher Inkompetenz zu tun. Nicht jeder ist ein geborener Moderator solcher Gespräche. Die Klärungshilfe kann in diesen Situationen helfen, die Ursachen des Konflikts zu klären und eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der alle Beteiligten wieder lieber miteinander arbeiten.
Klärungshilfe: Ein Lösungsansatz
Die von Dr. Christoph Thomann entwickelte Klärungshilfe ist eine eigenständige, methodisch klar strukturierte Form der Mediation. Aufbauend auf den Kommunikationslehren von Friedemann Schulz von Thun entwickelte der Schweizer Psychologe die Methode der Klärungshilfe auch für innerbetriebliche Konflikte. Ziel ist es, durch eine strukturierte Vorgehensweise zwischenmenschliche Probleme anzusprechen, zu klären und die bestehende Distanz der Konfliktparteien zu überbrücken. Unter dem Motto: Vergangenheit verstehen – Gegenwart klären – Zukunft planen können die Weichen für eine angenehme konstruktive Zusammenarbeit gestellt werden.
In der Klärungshilfe darf Klartext gesprochen werden. Denn obwohl ein klärendes Gespräch für die meisten Menschen eine große Überwindung darstellt, so ist es meistens doch der beste Lösungsweg. Damit das Konfliktgespräch allerdings nicht zu einem verbalen Gefecht ausartet, gilt es einiges zu beachten. Beispielsweise führt ein allparteilicher Moderator (Klärungshelfer) die Konfliktparteien durch das Gespräch. Allparteilich heißt, er ist weder neutral noch verbündet er sich mit einer Konfliktpartei, um gegen die andere vorzugehen. Er unterstützt alle betroffenen Parteien offen auszusprechen, was ihnen auf der Seele brennt.
Klärungshilfe am Arbeitsplatz – Mit Struktur und Methodik zur Lösung des Konflikts
Der Klärungsprozess folgt einem klar strukturierten Modell, das „Klärungshilfebrücke“ genannt wird. Sie dient dem Klärungshelfer als Orientierung, um im komplexen Gesprächsverlauf nicht die Orientierung zu verlieren und führt die betroffenen Parteien in sieben Schritten zur Lösung des Konflikts. Die sieben Phasen der Klärungshilfe stellen sich wie folgt dar:
0. Auftragsklärung: In einem ersten Telefonat wird die herrschende Konfliktsituation besprochen. Die Führungskraft erklärt dem Klärungshelfer das Problem und gemeinsam wird das weitere Vorgehen besprochen.
1. Anfangsphase: Alle am Konflikt beteiligten Parteien kommen zusammen und klären in einem ersten Schritt, welche Einstellung sie der Konfliktklärung gegenüber haben.
2. Selbstklärungsphase: Alle Teilnehmer haben nun die Möglichkeit, in Ruhe ihre Sicht der Dinge darzustellen.
3. Dialogphase: Der Dialog ist das „Herzstück der Klärung“ Es handelt sich um einen verlangsamten Streitdialog zwischen den jeweiligen Konfliktparteien. Ziel ist es, durch eine Auseinandersetzung zusammen zu finden.
4. Erklärungs- und Lösungsphase: In dieser Phase werden zusammen Lösungen entwickelt. Ist die Klärung gelungen, ist dies meist erstaunlich einfach und unkompliziert.
5. Abschlussphase: In dieser Phase wird noch einmal kurz Rückschau auf den Klärungsprozess gehalten.
6. Nachsorge: Sie findet in der Regel zwei bis sechs Monate nach dem Klärungsgespräch statt und soll helfen, die gefundenen Lösungen nachhaltig umzusetzen.
Klärungshilfe am Arbeitsplatz – Warum überhaupt?
Neueste Studien aus der Schweiz belegen: Eine angespannte und konfliktgeladene Stimmung unter Kollegen kann die Unternehmensproduktivität und somit die Umsätze um bis zu 30% verringern. Konflikte am Arbeitsplatz können also sowohl auf menschlicher als auch auf wirtschaftlicher Ebene zu negativen Auswirkungen führen. Dementsprechend wichtig ist es, zwischen den betroffenen Konfliktparteien zu vermitteln, um eine Einigung zu finden, mit denen alle Betroffenen leben können. Nur so kann eine harmonische und konstruktive Zusammenarbeit am Arbeitsplatz gewährleistet werden.
Ein Appell an Führungskräfte lautet daher: Trauen Sie sich qualifizierte Hilfe von außen zur Unterstützung zu holen, denn Konflikte verschwinden nicht von selbst. Führungskräfte, die es schaffen berufliche Auseinandersetzungen und die damit verbundenen „schwierigen“ Gefühle offensiv anzugehen und professionell klären zu lassen zeigen einen professionellen Führungsstil denn: Sie sorgen für eine offene Konfliktkultur und stärken die Zusammenarbeit der Mitarbeiter. Nur so kann der Balanceakt zwischen Professionalität und Menschlichkeit erfolgreich gemeistert werden.
Martin Weiss, Teamentwicklung, Coaching, Konfliktklärung – Zürich
Webseiten: www.konfliktklärer.ch – www.weiss-entwicklung.ch